SAZZeichen - Ausgabe 53: Juni 2020 | mit Jahresbericht 2019
9 Lebensführung mündeten 5 Jahre nach der Ein- weihung des Hauptgebäudes in die Entscheidung, mit der «Sunnematte» einen weiteren wichtigen Schritt zu gehen. Neues Wohnen in der «Sunnematte» Die «Sunnematte» war 1980 ein einzigartiges Pro- jekt mit einem damals kaum bekannten Konzept. Es sah vor, dass eine Wohngemeinschaft für behinderte und nicht behinderte Erwachsene eingerichtet werden soll (heute würde man von «inklusivemWohnen» sprechen). Zu diesem Zweck haben sich drei verschiedene Institutionen zusammengefunden, um dieses ambitionierte Pro- jekt zu verwirklichen. Nebst dem SAZ Burgdorf waren dies die Vereinigung «Das Band» und der Krankenpflegeverein Burgdorf, aus dem später die Spitex hervorging. Der Neubau «Sunnematte» an der Heimiswil- strasse 8 und 10, nur ein paar Gehminuten vom Hauptgebäude entfernt, konnte 1981 eingeweiht und mit einem Tag der offenen Tür und einem Basar gefeiert werden. Nebst den Räumen für die erwähnte Wohngemeinschaft entstanden 14 roll- stuhlgängige Wohnungen für Familien und Allein- stehende. Ausbau der Wohnformen Die inklusive Wohnform wurde später allerdings wieder aufgelöst. Stattdessen entstanden in den folgenden Jahren weitere begleitete Wohn- gemeinschaften und betreute Wohngruppen ausserhalb des SAZ-Hauptgebäudes. So etwa im «Stöckli Kunz» in Ersigen, welches das SAZ Burgdorf 1993 von Marie Kunz erbte, mit der Auf- lage, dass ihr Sohn mit anderen behinderten Menschen zusammen das Wohnrecht behält. Das Stöckli wurde 1993 eröffnet. Überhaupt änderte sich in den 1990er Jahren die Sicht auf geeignete Wohnformen grundsätzlich. Mit dem Wohnkonzept SAZ 2000 richtete sich das SAZ Burgdorf auf durchlässige Wohnformen wie betreute Wohngruppen und Wohngemeinschaf- ten ein. Immer mit dem Ziel, ein selbstbestimm- tes Leben zu ermöglichen. Dementsprechend wurden im Hauptgebäude für die Wohngruppen Wohnküchen und gemeinschaftliche Wohnzim- mer eingebaut. Mit dem späteren Kauf der gesam- ten «Sunnematte» und weiteren Liegenschaften konnte das Wohnangebot gemäss dem Konzept zusätzlich erweitert werden. Stetige Entwicklung auch in der beruflichen Ausbildung 1998 genehmigte die Invalidenversicherung das Konzept «Werkstatt SAZ 2000». Dieses sah grund- legende Änderungen in der Organisation der beruflichen Ausbildung sowie einen Umbau des Werkstattgebäudes vor – ein Meilenstein, der dem Umstand Rechnung trägt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen je nach ihren Fähigkeiten und Ressourcen ihnen entsprechende Ausbildun- gen absolvieren können. So wurde etwa bereits ab 1995 eine Grundbildung für Maschinenzeichner bzw. Konstrukteure angeboten. Die für rund 1 Mio Franken umgebauten Werk- stätten konnten im September 2000 mit einem grossen Kundenanlass eingeweiht werden. Sie bilden heute die Basis für das weiter ausgebaute Ausbildungsangebot, aber auch für die ange- passten Arbeitsplätze, in denen die Mitarbeiten- den tagtäglich persönliche Bestätigung und Ge- meinschaft erleben. Neue politische Konzepte Die 2008 in Kraft getretene neue Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) hatte für das SAZ Burgdorf weitreichende Konsequenzen. Die Neugestaltung des Finanzausgleichs hat zur Folge, dass Teile der Angebote, insbesondere die berufliche Ausbildung, weiterhin von der Invali- denversicherung finanziert werden, während alle anderen Bereiche vom Kantonmitgetragen werden. Diese Neuerung machte zahlreiche organisatori- sche Umstellungen notwendig. Der finanzielle Spielraum der Institutionen wurde im Lauf der Umsetzung immer kleiner. Der Systemwechsel und das damit einhergehende kantonale Behindertenkonzept sowie laufende Reformkonzepte stellen auch das SAZ Burgdorf vor grosse Herausforderungen. Die notwendigen Anpassungen werden die Zukunft des SAZ Burgdorf auch in den nächsten Jahren noch prägen. Aus dem stetigen Wandel entstehen aber auch immer wieder neue Chancen, wie die bewegte 50-jährige Geschichte des SAZ Burgdorf eindrücklich zeigt.
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