SAZZeichen - Ausgabe 51: November 2018 | Thema «Alltag»
10 jeden Tag um 07:50 Uhr das Radio lauter gedreht. «A-B-C-SRF3», das Morgenspiel zum mitraten, kommt. Heute mit dem Buchstaben «B». Dominik rät munter mit und Lucas ganz hinten zählt laut- stark die richtigen Antworten. Du, Frau Widmer… Edith Widmer fährt einen von sieben Schulbus- sen, welche die Schülerinnen und Schüler der HPS morgens abholen und nach dem Unterricht wieder sicher nach Hause bringen. Zwei Busse betreibt die HPS selbst, die restlichen Fahrten übernimmt die Firma «Betradi» im Auftrag der HPS. Damit Edith Widmer die Transporte durchführen darf, musste sie vor einigen Jahren eine spezielle Prüfung ablegen. Der erlangte Ausweis berechtigt sie zu gewerbsmässigen Personentransporten. Es ist aber nicht dieser Ausweis, der die Qualität einer Schulbusfahrerin ausmacht. Viel wichtiger sei es, dass man die Kinder und Jugendlichen gern hat, sagt Edith Widmer. Und dass man offen und bereit sei, auf die Eigenheiten und Bedürfnisse der Kinder einzugehen. So entsteht ein Vertrauensverhältnis und nach Jahren des gemeinsamen Fahrens eine fast familiäre Verbindung. Schliesslich verbringt sie mit «ihren Kindern» eine ganze Menge Zeit. Dazu kommt der regelmässige Kontakt mit den Eltern, die ihr nicht selten noch die eine oder andere Infor- mation mit auf den Weg geben. Nach fast anderthalb Stunden Fahrt erreicht der Bus sein Ziel. «Tschüss Frau Widmer» hört man es rufen. Edith Widmer lächelt und weiss, dass sich das Ganze schon in wenigen Stunden wiederholen wird. Zuerst steuert Edith Widmer ihren 14-Plätzer Richtung Wynigen. Oberhalb des Dorfes auf einem Bauernhof erwartet sie schon Lukas, ihr erster Passagier mitsamt dem jungen Hofhund, der am liebsten auch mitfahren würde. Eine freudige Begrüssung, einsteigen und weiter geht‘s, denn der «Fahrplan» ist eng. 10 Kinder sind es heute, die zum Unterrichtsbeginn um 8:30 Uhr in der Schule sein müssen. Etwas weiter oben in den Wyniger Bergen und noch etwas abgelegener wartet der nächste Schüler am vereinbarten Treffpunkt. Mit dem Schulbus bis ganz zum Hof zu fahren wäre wegen der sehr steilen Zufahrt zu heikel und im Winter sowieso unmöglich. Deshalb wird Dominik von seinem Vater jeweils ein Stück runter bis zur Schulbusroute gebracht. Dort wartet er heute mitsamt 15 Liter frischem Most von Äpfeln aus der eigenen «Hostet». Er darf ganz vorne neben Edith Widmer sitzen, weil ihm sonst schlecht wird. Lu- kas dagegen sitzt ganz hinten. Ihm macht das nichts aus. Weiter geht‘s nach Höchstetten, wo die nächsten Kleinen auf «Frau Widmer» warten und dann nach Kirchberg, wo die restlichen Kinder zusteigen. Um 7:50 Uhr kommt «A-B-C-SRF3». Immer! Immer wiederkehrende Rituale und Abläufe sind wichtig, sagt Edith Widmer. Manche ihrer Schüler- innen und Schüler würden sehr irritiert reagieren, wenn sich Dinge verändern oder Vorgänge nicht immer exakt gleich ablaufen. Darum sitzt jedes Kind immer auf dem gleichen Platz und darum wird Familie auf vier Rädern. Einblick in eine Schulbusfahrt Früh morgens kurz vor 7 Uhr startet Edith Widmer ihre tägliche Tour. Vor ihr liegen 50 Kilometer Fahrt und mindestens 10 Begegnungen mit «ihren Kindern». Sie ist Schulbus fahrerin der HPS und das seit sage und schreibe 28 Jahren.
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